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Chirurgen-Präsident kritisiert Gewinnstreben von Ärzten und Kliniken

Die Medizin wird immer mehr am Profit statt am Nutzen für den Menschen ausgerichtet. Zu diesem vernichtenden Urteil kommt Chirurgen-Präsident Prof. Dr. med. Reiner Gradinger.

Er fordert ein Umdenken.

Der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie, Prof. Reiner Gradinger, hat Ärzten und Klinikverwaltungen schwere Vorwürfe gemacht. "Wir leiden unter einer zunehmenden Kommerzialisierung der Medizin: Das heißt, es werden unnötige Eingriffe vorgenommen, weil sie Kliniken oder auch Praxen Geld bringen", sagte Gradinger dem FOCUS. Gleichzeitig würden notwendige Therapien nicht gemacht, weil sie zu teuer seien. Der Ärztliche Direktor des Klinikums rechts der Isar in München macht die zunehmende Ausrichtung der Medizin am Gewinn statt am Nutzen für den Patienten zu einem der wichtigsten Themen beim Chirurgenkongress, der ab Dienstag in Berlin stattfindet.


"Das Krankenhaus und die Praxis verkommen zum Marktplatz, wenn wir das so weiter laufen lassen", sagte Gradinger. An Rückenschmerzpatienten würden beispielsweise gewinnbringende, aber wissenschaftlich unbewiesene Therapien gemacht, wie etwa der Ratz-Katheter, der mit wenig Aufwand viel Geld bringt. Gleichzeitig werde etwa bei Hüftprothesen für ältere Patienten gespart. "Ich schließe nicht aus, dass älteren Patienten auf Grund des kommerziellen Drucks eine billigere, zementierte Hüfte eingesetzt wird mit den entsprechend höheren Risiken", so Gradinger.

Der ständige Druck beeinflusse die Entscheidungen der Ärzte ganz unbewusst. "Controller entscheiden heute mit. Sie sagen uns, was was kostet", sagte der Chirurg. Wenn ein Patient in die Klinik komme, der viel Kosten verursacht, komme im ein oder anderen Haus der Hinweis, "diesen Patienten doch in eine andere Klinik zu verlegen". Vor allem Chefärzte bekämen Druck von der kaufmännischen Leitung der Kliniken. "Wird das Soll nicht erfüllt, muss er gehen. Zielvereinbarung nennt man das." Gradinger zufolge müssen sich die Ärzte auf die Ethik zurückbesinnen. "Das bedeutet, dass nur noch das gemacht werden soll, was medizinisch sinnvoll ist."

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